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13. Februar 2024

Wie holen Sie das Beste aus einer Assessment-Rückmeldung für sich heraus?

In den letzten Wochen habe ich (einmal wieder) viele Rückmeldegespräche im Rahmen bestimmter Assessment-/Diagnostik-Tools geführt. Diese Tools setzen Unternehmen u.a. im Rahmen interner Weiterbildungsmassnahmen ein, z.B. um neuen Führungskräften eine Standortbestimmung bezüglich der in der Organisation erforderlichen Kompetenzen zu ermöglichen.

Es hat mich berührt, mit wie viel Interesse und Offenheit, aber auch mehr oder minder leichter Anspannung, sich meine Gesprächspartner*innen, alle neu in einer Führungsfunktion, auf diese Rückmeldungen eingelassen haben. Am Ende beeindruckt und z.T. auch dankbar, neue Einsichten gewonnen zu haben, konnte jeder etwas für sein Führungshandeln mitnehmen. Dabei ging es keinesfalls um grosse Veränderungen, sondern darum, bestimmte Zusammenhänge und Wechselwirkungen in einer ungewohnt-neuen Klarheit wahrzunehmen, die vorher nicht gegeben war. Das hat es möglich gemacht, die Blickwinkel zu erweitern, bisherige Herangehensweisen neu zu bewerten und eigenes Verhalten zu differenzieren.

Wir konnten uns am Ende beide zufrieden aus dem Gespräch lösen: Meine Gesprächspartner*innen, weil sie ganz offensichtlich etwas annehmen und mitnehmen konnten. Ich, weil ich den Eindruck hatte, etwas Konstruktives zur persönlichen Auseinandersetzung beigetragen zu haben. Diese Erfahrung hat mich im Nachgang beschäftigt, denn der Umgang mit Assessment-Tools kann grundsätzlich sehr schief gehen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn mit diesen Instrumenten nicht sorgfältig oder oberflächlich umgegangen wird, sei es in der Kommunikation oder in der Handhabung generell. Darum möchte ich ein paar Faktoren zusammentragen, die sicher dazu beitragen, dass Sie als Führungskraft etwas Gutes aus diesen Gesprächen für sich herausziehen können:

  • Nervosität im Vorfeld ist normal und legitim. Sie sind schliesslich ein Mensch mit Gefühlen und Sie erhalten auch nicht jeden Tag ein Feedback zu Ihrer Person. Es kann Ihnen und Ihrem Gegenüber helfen, das zu Beginn zu sagen, vielleicht mit einem kleinen, entschuldigenden Lächeln – was auch immer am besten zu Ihnen passt. Denken Sie daran: Es wird Ihnen kaum ein «emotionsloser Roboter» gegenübersitzen. Diese Person müsste sonst den Beruf verfehlt haben.
  • Gehen Sie offen in das Rückmeldegespräche, lassen Sie nicht zu, dass Ihre Ängste Ihnen den Zugang zu potenziellen Einsichten versperren. Sagen Sie sich bewusst «Stopp», sollten Ihre Gedanken kreisen. Lenken Sie sich ab. Erledigen Sie Dinge, die auf Ihrem Schreibtisch zuoberst liegen. Machen Sie, was Sie gut können – das wird Ihnen helfen, sich fähig zu fühlen.
  • Zu Ihrer Neugierde gehört, etwas über sich erfahren zu wollen. Was das sein könnte, wissen Sie vor dem Gespräch noch nicht. Was Sie grundsätzlich damit machen, ist Ihre Entscheidung. Diese Einstellung wird Ihnen helfen, sich innerlich aufrecht und positiv-neugierig aufs Gespräch einzulassen.
  • Behalten Sie immer im Auge, dass Sie etwas für sich mitnehmen wollen. Das gelingt dann, wenn Sie einerseits aktiv zuhören, andererseits sich aktiv beteiligen. Nur so kann ein wirklicher Dialog entstehen. Das erhöht die Chance, etwas Handfestes über sich zu erfahren. Denken Sie daran: Ihr Gegenüber, so kompetent er oder sie ist, kann sie nicht lesen. Dabei helfen auch keine Daten aus einem Assessment- oder Diagnostiktool. Ihr*e Gesprächspartner*in kann nur Übersetzungsarbeit für Ihren beruflichen Alltag leisten. Seien Sie darum sichtbar im Gespräch, verstecken Sie sich nicht, denken Sie wahrnehmbar mit.
  • Zuhören kann anstrengend sein, fragen Sie darum nach, wenn Sie etwas nicht verstanden haben. Lassen Sie Unverstandenes nicht stehen. Bleiben Sie aufmerksam. Erzählen Sie von sich. Nur so kann gemeinsam aus den Ergebnissen etwas entwickelt werden, das Relevanz für Sie und Ihren beruflichen Alltag hat.
  • Die Frage «Was hat das Gehörte mit mir zu tun?» ist Ihr roter Faden durchs Gespräch. Denken Sie z.B. an konkrete Führungssituationen, die Sie als herausfordernd erleben. Sie lohnen sich zur Reflexion. Wie sind Sie bisher mit diesen Situationen umgegangen? Was ist vermutlich «Ihr ganz persönlicher Beitrag» zum anstrengenden Erleben?
  • Es kann vorkommen, dass Sie sich nach einem solchen Gespräch (wohltuend) erschlagen fühlen. Das ist normal. Wann dreht man sich schon einmal so ausführlich um seine eigene Achse und gibt sich preis? Sich mit sich selbst auseinanderzusetzen kann und darf einen durchaus fordern. Keine Sorge: Das Gefühl legt sich. Lassen Sie das, was noch in der Luft ist, auf den Boden kommen. Es wurde etwas gesät. Das werden Sie zu gegebener Zeit ernten können.

Sie werden sehen: Wenn Sie so verstanden in einem Feedbackgespräch auf der Grundlage von Assessment- und Diagnostiktools interagieren, werden Sie ein echtes Gespräch führen, Spannendes über sich erfahren, mitnehmen, worüber es sich zu reflektieren lohnt – und punktuell das eigene Herangehen differenzieren und Neues ausprobieren können. Das ist immer lohnend für Sie.

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17. Oktober 2023

Hörtipp!

„Becoming the best version of yourself“ – spannendes und aufschlussreiches Gespräch um Erfolg, Potential, Selbstbilder, Krisen u.a. mit erstaunlichen Antworten, bspw. zur Komplexität von Feedback sowie zur Rolle unangenehmer Gefühle als Schlüssel zu tieferem Selbstverständnis und realistischer Selbstakzeptanz. Hörenswert auch für die Metareflexion der persönlichen beruflichen Rolle!

Alain de Botton: Why you have love & relationships all wrong. In: High Performance.

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03. Oktober 2023

Was ist eine gute Teamrunde?

Teamrunde? Ist das diese vierteljährlich anberaumte Sitzung mit allen zusammen?

Möglicherweise ist diese Sitzung mehr Pflicht als Freude für Sie. Wenn dem so ist, graut es Sie vermutlich beim Gedanken an diese Veranstaltung, in der Sie wahrscheinlich Informationen aus der Organisation gebündelt kommunizieren und die Punkte auf Ihrer Agenda abhaken. In diesen Sitzungen werden mehrheitlich Monologe geführt, entweder von Ihnen selbst oder von der vom jeweiligen Punkt auf der Agenda betroffenen Person. Unterdessen blicken Sie in mehrheitlich unbeteiligte Gesichter und tun sich schwer mit Ihrer Einschätzung, wie das Ganze bei den Einzelnen ankommt. Nach der Sitzung sind Sie vermutlich erschöpft.

Vielleicht bringen Sie Teamrunde aber auch mit Teamentwicklung in Verbindung. So etwas wollen Sie nun beim besten Willen nicht jedes Quartal durchführen. Sie haben das bisher als unpassendes Bespassen erlebt, dessen Wirkung schnell verpufft, sobald der Arbeitsalltag wieder eingekehrt ist. Die Aufgaben müssen schliesslich trotzdem bewältigt werden.

Da Sie eine wirkliche Alternative zu Ihrer gewohnten Sitzungsform nicht kennen, führen Sie diese weiterhin so durch, wie Sie es auch bisher gehandhabt haben, auch wenn das Ganze für Sie ein notwendiges Übel ist.

Was halten Sie davon, wenn Sie Ihr ungutes Gefühl in die Hand nehmen und einem von der Routine abweichenden Umgang mit Ihren Sitzungen eine Chance geben? In dem Fall nutzen Sie gerne folgende Gedanken als Anstoss zum Handeln:

  • Sitzungen, die der Weitergabe von Informationen von oben nach unten und dem Abhaken einer Traktandenliste dienen, atmen einen zutiefst hierarchischen Geist und ermöglichen kein partizipatives Mitwirken in der Arbeitswelt[1]. Eigenverantwortung wird untergraben, indem Informationshappen aufbereiten werden, die mehr oder weniger konsumiert werden. Menschliche Bedürfnisse werden weitgehend ausgeblendet, indem motivationale Aspekte bei der Arbeit ausser Acht gelassen werden. Wem ist gedient, wenn man/frau die Sitzung über sich ergehen lässt und froh ist, wenn diese vorüber ist?
  • Haben Sie sich in diesem Zusammenhang schon einmal Gedanken über das Wort „Sitzung“ gemacht? Im Begriff Sitzung steckt Sitzen, ein Zustand also, bei dem man sich nicht bewegt und auf einer Stelle verweilt. Das ist ein starkes Bild. Möchten Sie dieses auf Ihre Führung übertragen oder wollen Sie Bewegung ins statische Bild bringen? Wenn ja, fangen Sie pragmatisch mit der kleinsten Anpassung an und nennen Ihre Sitzungen von nun an Teamrunde. Was macht das mit Ihnen?
  • Erweitern Sie nun den Zweck Ihrer Teamrunde oder setzen ihn neu, denn auf die Namensänderung muss natürlich auch die inhaltliche folgen. Definieren Sie die Stärkung der Eigenverantwortung als übergeordnetes Ziel Ihrer Teamrunden. Richten Sie dieser Absicht folgend die Struktur Ihrer Teamrunden neu aus und passen Ihre Methodik entsprechend an. Das kann bspw. so aussehen, dass Ihre Teamrunden immer Sequenzen beinhaltet, die dazu dienen, Lösungen gemeinsam zu erarbeiten. Das methodische Spektrum kann dabei vom gemeinsamen Brainstormen, Diskutieren und Erstellen von Aktionsplänen hin zu agilen Methoden reichen. Es muss nur der Aufgabenstellung dienen. Übergeben Sie solche Sequenzen zur Moderation auch bewusst in die Hände eines Teammitglieds. So können Sie diese Phasen nutzen, sich zurückzunehmen, zu beobachten und dem Wachsen der Selbstwirksamkeit[2] im Team Raum zu geben.
  • Stellen Sie nach Möglichkeit alle Informationen online zur Verfügung. Die gemeinsamen Runden werden konsequent nur noch für Fragen genutzt, am besten am Ende Ihrer Teamrunde. So halten Sie die Energie von Beginn an hoch, sind effizient und bauen langatmigen Monologen vor.
  • Nach dem Blick ins Operative zurück zum Ausgangspunkt: Teamrunden bieten die einmalige Chance, dass sich Ihre Teammitglieder als «Wir» wahrnehmen und fühlen. Es geht um den Faktor Mensch und insbesondere um Motivationales. Dazu richten Sie den Fokus auf das grosse Ganze und thematisieren immer wieder den besonderen Beitrag Ihres Teams. So Sinn zu vermitteln, motiviert und energetisiert. Wer nun aber denkt, es geht an dieser Stelle um Unternehmensziele, liegt nicht richtig. Es geht vielmehr um den normativen Rahmen, also um Ihr organisationales Leitbild mit Vision, Mission und Ihren Unternehmenswerten sowie Kompetenzen (vorausgesetzt, Ihre Organisation arbeitet mit Kompetenzen). Nutzen Sie darum Ihre Teamrunden auch dazu, um Aspekte Ihres normativen Rahmens anzusprechen und zu diskutieren. Eine daraus resultierende Massnahme kann sein, dass Ihr Team Aktivitäten festlegt, die es zum Leben eines Wertes umsetzen möchte. So kann auch ein normativer Rahmen Effekt entfalten.

Solcherart verstanden haben Sie als Führungskraft ein wirkungsvolles Instrument gewonnen, mit dem Sie Ihre Führungsarbeit auf der Ebene Ihres Teams mit dem neuen Fokus auf Prozesse dynamisch gestalten – und nicht mehr immer gleich verwalten.

[1] Bsp. «New Work»

[2] Selbstwirksamkeit ist die innere Überzeugung, Herausforderungen aus eigener Kraft heraus zu meistern.

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03. Mai 2023

Meine Führungskraft gibt mir emotional nicht das, was ich brauche. Was kann ich tun, damit es mir besser geht?

Auch als Führungskraft haben Sie, wenn Sie nicht gerade an der Spitze einer Organisation stehen, eine:n Vorgesetzte:n. Dass diese Person Ihnen nicht das bietet, was Sie selbst Ihren Mitarbeiter:innen geben, ist nicht ungewöhnlich. Wenn es für Sie z.B. zu guter Führung gehört, zu loben und Wertschätzung auszudrücken, muss dies nicht für Ihre Führungskraft so sein. Vielleicht sitzt eher ein zahlengetriebener Managertypus über Ihnen und Sie zählen sich eher zum menschenorientierten Leadertypus. Vielleicht haben Sie unterschiedliche Prioritäten. Wie auch immer: Um Lösungsansätze zu finden, müssen Sie zuerst ans Eingemachte. Also fragen Sie sich bitte im ersten Schritt selbst:

  • Wie verhalte ich mich aktuell in dieser Beziehung? Zu welchen typischen Reaktionen neige ich meiner Führungskraft gegenüber? Beschränkt sich unser Kontakt auf das Nötigste, denn ich habe mich bereits aus der Beziehung zurückgezogen?
  • Wie könnte Ihre Führungskraft Sie wahrnehmen? Welches Bild könnte sie von Ihnen haben? Was hat sie Ihnen im Laufe Ihrer Zusammenarbeit z.B. zurückgemeldet?

Bitte notieren Sie Ihre Einsichten.

Diese Übung hat zusätzlich den Sinn, Ihren Interpretationen auf die Spur zu kommen, denn diese sind subjektive Deutungsversuche und nicht zwingend die Realität abbildend. Kurz gesagt: Mit Interpretationen machen Sie sich das Leben unnötig schwer. Sie kreieren lediglich selbstkränkende Gedanken wie in der „Geschichte mit dem Hammer“ von Watzlawick[1]. Trennen Sie sich darum bitte sofort und konsequent von allen Fantasien über mögliche Intentionen Ihrer Führungskraft. Richten Sie stattdessen Ihren Fokus auf das, was tatsächlich ist und worauf Sie Einfluss nehmen können.

Vermutlich haben Sie an dieser Stelle bereits Punkte gefunden, die eher zulasten Ihres Beziehungsverhaltens gehen. Gut, dass Sie sich diese bewusst gemacht haben. Ihre Reaktionen sind sicher nachvollziehbar, denn Sie sind frustriert und befinden sich in einer Negativspirale. Nun ist es aber an der Zeit, das Drehen anzuhalten und auszusteigen. Das können nur Sie selbst tun, anderenfalls wird sich die Situation zuspitzen.

Jetzt stellen Sie bitte eine Liste zusammen, auf der Sie das notieren

  • was Ihnen persönlich fehlt und Sie als Mangel erleben,
  • was Sie sich von Ihrer Führungskraft wünschen und nicht erhalten (erinnern Sie sich dazu an bestimmte Situationen),
  • welche Ihrer konkreten Bedürfnisse abgeholt werden, z.B. vom Team, von der Organisation – und von Ihrer Führungskraft.

Bitte notieren Sie alles, was Ihnen in den Sinn kommt, in drei Spalten. Diese Differenzierung wird Ihnen helfen zu unterscheiden, welche Ihrer Bedürfnisse von der Führungskraft und welche an anderen Orten abgeholt werden. Gleichzeitig erhalten Sie eine Sicht auf alles, was gut läuft. Das ist wichtig anzuerkennen.

Im nächsten Schritt gehen Sie wieder aktiv in den Kontakt mit Ihrer Führungskraft. Nutzen Sie alle möglichen Treffen dazu, z.B. Meetings in grosser und kleiner Runde. Weichen Sie nicht mehr aus, sollten Sie das in der letzten Zeit getan haben. Versuchen Sie bspw., gezielt Positives zu platzieren, insbesondere dann, wenn Sie in der Vergangenheit mehrheitlich Kritik adressiert haben. Versuchen Sie bewusst, ein anderes Verhalten als das von Ihnen Gewohnte auszuprobieren. Zeigen Sie Präsenz aus einer wohlwollenden und klaren Haltung heraus.

Dann suchen Sie bitte das Gespräch mit Ihrer Führungskraft. Vereinbaren Sie einen Termin mit ihr. Ziel des Gesprächs soll sein, Ihrer Führungskraft konstruktiv und freundlich anhand von Beispielen (die haben Sie ja gesammelt) mitzuteilen, was Sie im Arbeitsalltag wahrnehmen und welche Wirkung das auf Sie hat. Es ist enorm wichtig, Ihrer Führungskraft anhand dieser Beispiele ihre subjektiv erlebte Wirkung begreifbar zu machen. Wahrscheinlich weiss Ihre Führungskraft nicht, was ihr Verhalten bei Ihnen auslöst. Nur so lernt sie Sie besser kennen und hat die Chance, sich besser auf Sie einzustellen. Bitte bleiben Sie aber nicht bei diesen Mitteilungen stehen. Formulieren Sie konkret, was Sie sich von Ihrer Führungskraft wünschen.

Stellen Sie im Gespräch einen guten Kontakt her. Behalten Sie Ihr Ziel im Auge und bleiben Sie konsequent in einer konstruktiven Haltung. Machen Sie Ihre Verbundenheit mit dem Unternehmen deutlich. Sprechen Sie z.B. auch aktiv Erfolge an, bei denen Ihr Team und Sie selbst beigetragen haben. Zeigen Sie Ihr Engagement. Sie werden sehen: Das Gespräch entwickelt sich von selbst. Es ist im Interesse Ihrer Führungskraft, dass Ihre Arbeit Erfolg hat. Dass es Ihnen dabei gut geht, ist ein legitimer Anspruch. Diesen Anspruch soll Ihre Führungskraft kennen, denn sie stellt den Rahmen für Ihre Arbeit her.

Bedanken Sie sich abschliessend für das Gespräch. Ihre Führungskraft wird vermutlich dasselbe tun. Sie können zufrieden mit sich sein. Sie haben nun alles getan, was Sie tun können. Dann gehen Sie an Ihren Arbeitsplatz zurück und widmen sich Ihren Aufgaben, Ihrem Team und Ihren Kunden.

Geben Sie dem Prozess jetzt eine Chance. Bleiben Sie dazu konsequent bei Ihrem veränderten Verhalten – und nicht nur dort, wo sich Ihre Wege mit denen der Führungskraft kreuzen. Sie richten Ihren persönlichen Fokus von heute an gezielt auf das, was Ihnen Freude macht. Also alles, was Sie gut können und wofür Sie ein positives Feedback erhalten. Das ist Ihr persönlicher Beitrag zu Ihrem persönlichen Gutfühlen, ihre Selbstfürsorge, die Sie sich schuldig sind. Wenn Sie z.B. bisher dazu geneigt haben, abends zu spät nach Hause zu gehen und erschöpft und unzufrieden den Abend verbringen: Schluss damit. Hören Sie pünktlich auf. Holen Sie die Dinge zurück in Ihren Alltag, die Sie befriedigen. Ist das der Abendspaziergang? Das Fitnessstudio? Das Kochen mit dem Partner oder mit einem Freund? Was auch immer es ist: Es erhält nun einen verbindlichen, fixen Termin in Ihrer Agenda.

Investieren Sie wieder Zeit in Ihr Netzwerk innerhalb und ausserhalb Ihrer Organisation: Was könnte Ihr Netzwerk gerade beschäftigen? Verabreden Sie sich und gehen Sie z.B. einmal wieder gemeinsam Lunchen. Rufen Sie an. Kommen Sie ins Gespräch. Zeigen Sie sich. Holen Sie sich auf diesem Weg gute Energie in Ihren Alltag. Investieren Sie unabsichtlich-absichtsvoll in die Langfristigkeit Ihrer Beziehungen. Es geht dabei nicht darum, dass sich der Kontakt 1:1 auszahlt. Es geht um Kontakt halten, im Gespräch bleiben, vernetzt sein. Es wird Sie reicher machen, so oder so.

Suchen Sie auch das Gespräch mit Ihrer Führungskraft und bedanken Sie sich, wenn Sie positive Veränderungen wahrnehmen. Es wird Ihre Führungskraft freuen, das zu hören. Ihre Bindung wird stärker und tragfähiger werden.

Es kann aber auch sein, dass Sie nach einer gewissen Zeit Ihre Wünsche noch einmal adressieren müssen. Machen Sie das. Sagen Sie Ihrer Führungskraft dann, was gut läuft und was Sie sich weiterhin wünschen. Machen Sie sich bewusst: Es ist nicht einfach, eingeschliffene Verhaltensweisen zu ändern. Gerade in stressigen Zeiten neigen wir alle dazu, unsere alten Muster wiederzubeleben. Wir fallen in diese zurück. An dieser Stelle lohnt sich Grosszügigkeit dem anderen gegenüber. Sie selbst wissen nun zumindest, was Sie tun können, um sich besser zu fühlen.

Setzen Sie sich zu guter Letzt einen Zeitrahmen: Wenn Sie keinerlei Änderungen im Verhalten Ihrer Führungskraft wahrnehmen, sollten Sie sich nach Alternativen umschauen, innerhalb der Organisation oder ausserhalb. Schliesslich wissen Sie nun, was wo läuft, denn durch Ihr Netzwerk sind Sie am Ball. Dann gehen Sie aber auch bitte, denn das sind Sie sich im Sinn Ihrer Selbstfürsorge und -verantwortung schuldig.

[1] Watzlawick, Paul (1983): Anleitung zum Unglücklichsein. München, Piper Verlag.

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24. November 2022

Wie verschaffe ich mir Gehör bei meiner Führungskraft?

Haben Sie das Gefühl, mit wichtigen Themen nach oben hin anzustehen? Ihre Führungskraft signalisiert zwar Verständnis, wird aber nicht aktiv?

Wenn es so ist, lohnt sich ein Blick darauf, wie Sie selbst Ihre Führungskraft führen. Sie lesen richtig. Sie beeinflussen sich nämlich wechselseitig, auch wenn Ihre Beziehung in eine hierarchische Struktur eingebettet ist. Sie und Ihre Führungskraft sind voneinander abhängig. Mein Vorschlag ist, dass Sie zuerst einmal diesem Aspekt der Wechselseitigkeit in Ihrem Kopf Raum geben. Lassen Sie den Gedanken ohne Bedenken zu. Dann kann Ihr Handeln entsprechend folgen. Auf diese Weise können Sie Ihre Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen, wahrnehmen. Das ist Führen von unten nach oben.

Ein paar Fragen: Wie präsent sind Sie in der Beziehung zu Ihrer Führungskraft? Mit welchem Selbstvertrauen stehen Sie in dieser Beziehung? Sind Sie z.B. gelassen bei sich oder fühlen Sie sich in hierarchischen Konstellationen gefangen?

Hinterfragen Sie sich. Ihre Antwort gibt Ihnen Auskunft darüber, ob Sie sich ohnmächtig und als Opfer der Umstände erleben – oder handlungsmächtig und damit als Gestalter Ihrer Situation. Die zweite Konstellation ist die erfolgversprechende, denn darum geht es: sich als Gestalter wahrzunehmen. Das setzt Selbstbewusstsein und Klarheit über Ihre Ziele voraus. So können Sie Einfluss nehmen.

Beobachten Sie sich: Gehören Sie zu den Führungskräften, die pflichtgetreu sofort das priorisieren, was von oben auf Ihrem Schreibtisch landet? Auch wenn der Schreibtisch zum Bersten voll ist und Sie andere Aufgaben vorziehen müssten? Gehören Sie zu den Personen, die am Tagesende das Gefühl beschleicht, es niemanden recht gemacht zu haben, insbesondere sich selbst nicht?

Lassen Sie das bitte. Nehmen Sie nicht einfach alles an, nur weil es von oben kommt, und erledigen es. Wenn man das von Ihnen gewohnt ist – wunderbar für Ihre Führungskraft. So wird sich nichts ändern. Geben Sie stattdessen eine Rückmeldung, wann Sie die Aufgabe lösen. Begründen Sie kurz. Halten Sie sich an Ihre Terminsetzung. So signalisieren Sie Verbindlichkeit und setzen gut eine Grenze.

Steigen Sie aus Ihrem wahrscheinlich selbstverschuldeten Hamsterrad aus. Zeigen Sie sich, klar und freundlich. Bleiben Sie im Ton ruhig. Reagieren Sie bitte nicht erst dann, wenn das Fass am Überlaufen ist und Sie aus einer Überlastung heraus wenig souverän reagieren. Es ist normal, dass auch Sie begrenzt Kapazität haben. Vielleicht wird es zu Beginn noch etwas rumpeln zwischen ihnen beiden, bis sie sich neu eingespurt haben. Das ist in Ordnung. Aber nur so gelingt der Einstieg in Wechselseitigkeit.

Belastbare Führungsbeziehungen nach oben schaffen

Präsenz in allen Kontakten, und zwar über die gewohnten 1:1 Gesprächsrunden und Teammeetings hinaus, ist der Schlüssel. Bleiben Sie im Kontakt mit Ihrer Führungskraft, auch wenn Sie sich kurzfristig zurückziehen müssen, um durchzuatmen. Damit das gelingt und Sie offenbleiben, machen Sie sich regelmässig bewusst, was Sie an Ihrer Führungskraft schätzen. Im Idealfall ist sie für Sie in bestimmten Angelegenheiten sogar ein Vorbild? Ihre Führungskraft müsste Qualitäten haben, wenn nicht grundsätzlich etwas schiefgelaufen ist. Richten Sie Ihren Blick bewusst auf diese Qualitäten. Ihr Ziel ist es, ein gutes Gefühl als Grundlage für den Kontakt mit ihr und für die Pflege der Beziehung herzustellen.

Sollte z.B. etwas lobenswert gelaufen sein, woran Ihre Führungskraft einen Anteil hatte, melden Sie ihr das bitte aktiv zurück. Auch Ihre Führungskraft freut sich über ein Kompliment. Es gehört zum Menschlichsten, wahrgenommen zu werden. Sie vergeben sich nichts und mutieren auch nicht zum Bückling, wenn Sie Ihre Rückmeldung ehrlich meinen. Sie werden sehen: Es wird auf Ihre Beziehung einzahlen. Sie halten so Ihre eigene Brille klar, da Sie nicht unnötig durch Trübungen Ihre Sehleistung einschränken.

Verbindende Anliegen in den Mittelpunkt stellen

Pflegen Sie gezielt den Austausch. Finden Sie gemeinsame Themen, die wichtig sind, die motivieren, und zwar über die üblichen Ziele hinaus. Initiieren Sie z.B. im Quartalsturnus ein Treffen zu zweit, bei dem Sie genau über diesen Inhalt sprechen. Hierfür können Sie gerne auch wohldosiert penetrant sein: Lassen Sie nicht zu, dass diese Treffen in der operativen Dringlichkeit untergehen. Es geht um Sie und um Ihre Expertise, die Sie zum Wohl der Organisation einbringen. Machen Sie über diese Themen deutlich, dass Sie und Ihre Führungskraft über die aktuellen Aufgaben hinaus ein gemeinsames Interesse haben: qualitativ, visionär, innovativ – wo auch immer Sie das verbindende Anliegen sehen.

Die Lösungsorientierung in den Mittelpunkt stellen

Sie kennen das vermutlich: Ein Mitarbeiter sucht das Gespräch mit Ihnen, weil etwas nicht funktioniert und zeigt deutlich seine Frustration. Er hat die (berechtigte) Hoffnung, dass Sie als Führungskraft das Nicht-Funktionieren beheben können und seinen Frust verstehen.

Was löst das bei Ihnen aus? Ein gutes Gefühl? Fragen sich Sie sich ggf. im Stillen, wie es um die Lösungsfähigkeit Ihres Mitarbeiters bestellt ist? Nervt es Sie sogar, dass man Frust bei Ihnen ablädt?

Möglicherweise haben Sie zu dieser (scheinbaren) Hilflosigkeit durch Ihren Führungsstil beigetragen. Aber das ist ein anderes Thema. Sie sollten dieses bei Gelegenheit gut durchleuchten. Hier ist es wichtig für Sie zu erkennen, dass Sie genau so nicht bei Ihrer eigenen Führungskraft auftreten. Ein guter Anlass, die Perspektiven zu wechseln: Auch Ihre Führungskraft möchte nicht dauernd als Reparateur von Mängelzuständen hinzugezogen werden. Auch nicht als allein verantwortliche Person für alles, was nicht funktioniert. Behalten Sie das im Kopf. Für Ihr verbindendes Thema heisst das, es sollte zukunftsorientiert und im Sinn der Organisation sein. Ein Thema also, das Freude macht und gute Energie bereithält. So stellen Sie einen Win-Win her. Dieser ist der Nährboden für die gute Beziehung zu Ihrer Führungskraft.

Dranbleiben

Und was passiert nun mit den Anliegen, bei denen Sie Ihre Führungskraft zur Klärung und Entscheidung benötigen und diese sich quer stellt?

Das kann passieren und liegt in der Natur von Hierarchien. In dem Fall geben Sie das Steuer nicht vorschnell aus der Hand. Bitten Sie um ein persönliches Gespräch, wurden Sie z.B. per E-Mail informiert. Machen Sie Terminvorschläge. Bereiten Sie sich dann gut vor: Denken Sie Sichtweisen und mögliche Einwände der Führungskraft durch. Überlegen Sie, an welcher Stelle Sie Ihre Führungskraft packen können. Gehen Sie souverän ins Gespräch. Behalten Sie Ihr Ziel im Auge. Hören Sie zu, lassen sich aber nicht aus dem Konzept bringen. Bleiben Sie klar. Bieten Sie Lösungen an.

Sollte dieses Meeting zu keinem greifbaren Ergebnis führen, legen Sie Ihr Anliegen nicht sofort ad acta. Nehmen Sie sich Zeit, den Gesprächsverlauf zu reflektieren. Denken Sie über die Motive Ihrer Führungskraft nach. Treffen Sie Ableitungen, wie Sie Ihr Anliegen zu einem guten Abschluss bringen könnten.

Bleiben Sie niederschwellig am Ball und bitten dann, wenn Sie wieder Offenheit wahrnehmen, um ein neues Gespräch. Es liegt in der Natur von Situationen, Anliegen und den involvierten Menschen, dass es oftmals einen weiteren Anlauf braucht. Glauben Sie nicht, dass Sie nicht vom Gegenüber gehört wurden. Geben Sie Ihrer Sache Zeit zu reifen.

Übergeordnete Stellen einbinden

Sollten Sie über einen langen Zeitraum in einem für Sie und die Organisation wichtigen Thema auf der Stelle treten, binden Sie übergeordnete Hierarchien ein. Das kann Überwindung kosten. Möglicherweise möchten Sie nicht illoyal agieren. Leider ist dieser Weg mitunter unumgänglich, gerade dann, wenn sich die übergeordnete Stelle als Flaschenhals herausstellt, in dem Themen hängen bleiben. Dann müssen Sie sogar im eigenen Interesse klug argumentiert agieren, ggf. eskalieren. Seien Sie dabei so transparent wie möglich und zerstören Sie nicht vorschnell Vertrauen. Machen Sie in alle Richtungen klar: Es geht ums Thema, nicht um eine Person. Vielleicht tut sich dann sogar eine Option auf, Ihre Führungskraft im Prozess einzubinden.

Wenn Sie in Ihrer Organisation ein starkes Network pflegen, kann Ihnen genau dieses Netzwerk in solchen scheinbar festgefahrenen Situationen helfen, nicht nur an einem, sondern an mehreren Orten gehört zu werden, damit schliesslich Lösungen gefunden werden.

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13. Juli 2022

Was kann ich dazu beitragen, damit ein Kritikgespräch gelingt? Teil 2

Was können Sie als Führungskraft und als Mitarbeiterin konkret tun, damit Sie in Ihrem Arbeitsbeziehungsgefüge kritische Botschaften wirksam adressieren?

  1. Schaffen Sie Bedingungen, die langfristig wirken. Wenn Sie das bisher nicht getan haben, ist die Ausgangslage für ein Gespräch aktuell nicht die beste. Dann beginnen Sie bitte jetzt in Ihre Arbeitsbeziehung zu investieren und tragen von heute an immer wieder aktiv dazu bei, Vertrauen aufzubauen. Denken Sie sich Ihre Beziehung als Konto, auf das Sie einzahlen. Dieses bildliche Konto schafft die nötige Sicherheit, die Sie als Führungskraft und als Mitarbeiter:in benötigen. Es ist Ihre gemeinsame Grundlage, auch im hierarchischen Gefüge. Sie beide haben das Recht, sich in Ihrer Beziehung wahrgenommen und geschätzt zu fühlen. So können Sie sich Dinge sagen, die schwierig sind – im Sinn einer gemeinsamen Entwicklung.[1] Machen Sie nun aber bitte nicht einfach irgendetwas in der Annahme, der andere müsste das sehen! Sie werden schlimmstenfalls enttäuscht sein. Versuchen Sie, ab und an die Perspektive des anderen einzunehmen. Was würde diese Person genau schätzen? Wenn Sie ratlos sein sollten, bleiben Sie am Ball. Fragen Sie nach, wenn Sie keine Einschätzung haben. Am einfachsten ist es, sich zu überlegen, was Sie besonders am anderen finden. Was macht diese Person gut? Das können Sie z.B. einfach zurückmelden. Komplimente, ernst gemeint, haben Wirkung und zahlen auf Ihr Beziehungskonto ein.
  2. Wenn Sie nun feststellen, dass Sie mit einer Situation oder mit einem Verhalten nicht (mehr) klarkommen, ist es Zeit für eine Beziehungsinventur:
    • Bitte stolpern Sie dabei weder in die Vorurteils- noch in die Opferfalle. Machen Sie sich nicht unnötig klein und geben Sie nicht die Verantwortung für Ihr Handeln ab – schon sich selbst zuliebe. Ziehen Sie sich also weder zurück noch werten Sie den anderen gedanklich ab.
    • Machen Sie sich zwingend Ihr im Hintergrund liegendes (verletztes) Bedürfnis bewusst. Was genau drückt unangenehm? Es geht um Sie: Ist es eine Erwartung? Ein Wert? Eine Norm? Eine Vereinbarung?
    • Fragen Sie sich: Was wollen Sie nicht mehr erleben bzw. künftig anders handhaben? Wie könnte eine Lösung im beidseitigen Interesse aussehen? Reflexion ist der Schlüssel zu mehr Klarheit. Die wird Ihnen nicht nur helfen, herauszufinden, was Sie weitergeben wollen, sondern auch wie.
    • Nehmen Sie sich Zeit für diesen Prozess. Lassen Sie die inneren Wogen abklingen. Notizen helfen bei der Selbstklärung. Wenn Sie Wut haben, nehmen Sie sie wahr, denn sie ist ein hervorragendes Signal für eine Schieflage und hilft Ihnen, aktiv zu werden – allerdings nicht in Form einer Spontanreaktion.
  3. Behalten Sie die verbindenden Gemeinsamkeiten unbeirrt im Blick:
    • Kommunizieren Sie Ihre Botschaft klar, respektvoll und wertschätzend. Denken Sie daran, Kritik kann als Angriff auf den Selbstwert wahrgenommen werden. In diesem ambivalenten Spannungsfeld bewegen Sie sich. Eine gute, stabile und sichere Beziehung hilft, diese Ambivalenz ohne Schaden auszuhalten.
    • Sagen Sie darum explizit, was Sie mit der Kritik auf keinen Fall erreichen wollen, z.B. „ich will nicht, dass Sie den Eindruck gewinnen, ich schätze Ihren Einsatz in den letzten Monaten nicht, im Gegenteil…“. Das Kontrastieren soll dem anderen helfen, sich sicher im Gespräch zu fühlen.
    • Bleiben Sie kongruent. Sollte Ihr Gegenüber bestimmte Punkte beschönigen, vom Thema wegführen wollen, bagatellisieren, leugnen, sind das Anzeichen fehlender psychologischer Sicherheit. Nehmen Sie dies zur Kenntnis und lassen sich nicht von Ihrer Zielsetzung und Lösungsorientierung abbringen. Als Führungskraft setzen Sie nötigenfalls einen neuen Termin an, als Mitarbeiter:in bitten Sie um Klärung Ihres Anliegens zu einem anderen Zeitpunkt.
    • Feedbacktechniken helfen. Wo immer Sie sich zuhause fühlen: Nutzen Sie, womit Sie sich identifizieren können (z.B. gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg oder Feedback-Interventionstheorie nach Kluger & DeNisi). Probieren Sie die jeweiligen Techniken immer wieder aus, z.B. mit einer Person Ihres Vertrauens. Techniken sollen Ihnen als Steigbügelhalter für Ihre Botschaft helfen. Es geht nicht darum, diese Lehrbuch-konform zu reproduzieren. Erinnern Sie sich daran, immer Beispiele zu nennen. Bleiben Sie so konkret wie möglich. Interpretieren Sie nicht, weisen Sie stattdessen darauf hin, was das konkrete Verhalten bei Ihnen auslöst. Und vergessen Sie schlussendlich nicht zu formulieren, was Sie sich künftig wünschen.

So gerüstet können Sie gemeinsam Lösungen finden, für die Sie sich beide committen. Manchmal braucht es noch eine weitere Runde. Das ist in Ordnung. Wichtig ist für Sie, am Ball zu bleiben – und Handlungskontrolle zu bewahren. Das gilt für die Führungskraft und für die Mitarbeiter:innen – im Dienst einer besseren Zusammenarbeit.

[1] Das Konzept der psychologischen Sicherheit nach Edmondson („The Fearless Organization“) beschreibt diesen Zustand als die gemeinsam geteilte Überzeugung, dass Risiken in einer Beziehung gewagt werden können, ohne dass sie negativ sanktioniert werden, z.B. Herausforderndes gesagt werden kann ohne Angst, dass die Arbeitsbeziehung Schaden erleidet.

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30. Mai 2022

Die Krux mit den kritischen Botschaften im Arbeitsalltag Teil 1

Wer kennt das nicht: Das Unwohlsein, seiner Führungskraft oder einer Mitarbeiterin bzw. einem Mitarbeiter etwas Kritisches mitzuteilen und nicht zu wissen, wie die andere Person die Botschaft aufnimmt. Im schlimmsten Fall könnte die Arbeitsbeziehung Schaden nehmen. Das ist üblicherweise in fast jeder Beziehung eine Herausforderung, unabhängig von Nähe und Distanz zu den Adressaten der persönlichen Botschaft. Sensitiv wird es insbesondere dann, wenn es wichtig ist, dass die Arbeitsbeziehung weiterhin stabil funktioniert.

Oft sind Sachzwänge der Anlass für kritische Botschaften. Als Führungskraft gehört es nun einmal dazu, den Rahmen immer wieder zu klären und zu orientieren, geht man davon aus, dass die Führungskraft diese Klärung verantwortungsbewusst und fair vornimmt. So betrachtet trifft die gleiche Verantwortung auch auf die Mitarbeiter:innen zu. In einer Unternehmensrealität allerdings, die von starken Hierarchien dominiert ist, ist dieses Verständnis eher eine theoretische Annahme. Im besten Fall ein Ideal, dem man sich annähert, indem man die bislang vorherrschende top-down Kommunikation mit bottom-up Schleifen ergänzt. Nicht umsonst beschäftigen sich zwischenzeitlich bis zu vier Generationen in Unternehmen mit den Regeln des Feedbacknehmens und -gebens. Und trotzdem: Wir stehen scheinbar immer noch am Anfang. Die Schwierigkeiten beim Adressieren und Annehmen kritischer Botschaften halten sich hartnäckig.

Eine Lösung liegt darin, unter die Lupe zu nehmen, warum wir überhaupt dem anderen etwas Kritisches mitteilen. Hier wird es interessant. Denn nun müsste der Blick frei werden auf ein sehr persönliches Bedürfnis, das einen nicht zu unterschätzenden Anteil am Unwohlsein hat. Und dieses wollen (und sollen) wir selbstverständlich hinter uns lassen. Hier sitzen Führungskraft und Mitarbeiter:innen im gleichen Boot. Beide sollten also über dieses Bedürfnis nachsinnen, Sachzwänge hin oder her, sich klar werden und ehrlich sich selbst gegenüber sein. So erhalten sie wichtige Informationen für eine gute Lösung, denn es geht für alle darum, sich besser zu fühlen. Sei es nur, um aufeinander abgestimmt besser zusammenzuarbeiten.

Am Rande angemerkt: Das Gute am Unwohlsein ist, dass es uns auffordert, aktiv zu werden. Auch wenn man meisterlich Verdrängen kann: Die Situationen, in denen sich das schlechte Gefühl meldet, werden sich wiederholen. Es wird weiterhin drücken und (davon ist auszugehen) schlimmer werden. Also warum nicht den Stier bei den Hörnern packen und mit überlegtem Handeln wieder Kontrolle übers eigene Erleben erfahren?

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20. Dezember 2021

Das Problem mit Rechtfertigungen in der Führungsbeziehung

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Ein Mitarbeiter hat sehr viele Überstunden aufgebaut. Aus diesem Grund haben Sie sich mit dem Mitarbeiter zusammengesetzt, um gemeinsam eine gute Lösung zu finden. Sie haben sich auf diesem Weg auf eine Auszahlung der Überstunden geeinigt. So weit, so gut. Nun schätzen Sie diesen Mitarbeiter und seinen Einsatz sehr, haben aber den Eindruck gewonnen, dass er sich effizienter organisieren und priorisieren könnte. Sie vermuten, dass hier eine Ursache künftiger Überstunden liegen könnte. In einem Mitarbeitergespräch thematisieren Sie darum seine Arbeitsplanung und werfen einen Blick zurück auf den vergangenen Arbeitspeak. Ihr Mitarbeiter merkt beiläufig an, dass er mit der Auszahlung wohl zufrieden ist, ihm aber eine Kompensation in Form von freier Zeit lieber gewesen wäre. Diese Bemerkung erwischt Sie auf dem falschem Fuss. Ehe Sie sich versehen, rechtfertigen Sie das Lösungsergebnis, das gemeinsam ausgehandelt wurde. Nach dem Gespräch sind Sie unzufrieden. Was ist passiert?

  • Die mehr absichtslose Bemerkung Ihres Mitarbeiters hat Sie getroffen. Das gemeinsame Finden der Lösung war Ihnen wichtig. Sie fühlen sich und Ihr Engagement diffus missverstanden.
  • Ihre Irritation löst eine Art Aktionismus aus. Sie beginnen sich zu rechtfertigen und steigern sich sogar ins Appellieren. Damit machen Sie, ohne dass Sie das wollen, die gemeinsam gefundene Lösung zu Ihrer Lösung. Sie verstärken unbeabsichtigt Trennendes, anstatt das Gemeinsame der Lösung und des Weges dahin hervorzuheben. So nehmen Sie den Mitarbeiter heraus aus seiner Verantwortung beim gemeinsamen Finden der Lösung.
  • Ihre positive Absicht und Energie, die Sie eigentlich der Unterstützung des Mitarbeiters bei seiner Arbeitsplanung zugutekommen lassen wollten, verpufft. Das Gespräch bekommt eine eigenartige Wendung. Danach sind Sie erschöpft und frustriert.

Wie können Sie eine solche Situation künftig besser handhaben?

Die Lösung liegt im Aushalten der Irritation und ihrer Wirkung, die sie entfaltet. Dies hilft Ihnen, wohldosiert die Bälle zurückzuspielen:

  • Halten Sie sich zurück. Pausieren Sie. Sie müssen nicht sofort reagieren. Nehmen Sie sich und Ihre Gefühle bewusst wahr. So können Sie Ihre aufsteigenden Impulse besser beobachten und steuern.
  • Ziehen Sie sich nicht vorschnell „den Stiefel Ihres Mitarbeiters“ an. Nehmen Sie dafür seine Bemerkung ernst, indem Sie nachfragen. Das ist ein wichtiges Signal an Ihren Mitarbeiter. Im Fragen liegt der Schlüssel: Fragen helfen beiden Seiten, Gesagtes besser zu verstehen und einzuordnen. Vielleicht haben Sie tatsächlich etwas übersehen? Vielleicht hat die Bemerkung gar nichts mit Ihnen zu tun?
  • Fragen verlangsamen und ermöglichen so Nachdenken. Die Frage „wie hättest du das aktuell realisieren wollen?“ könnte dem Mitarbeiter im geschilderten Beispiel die Möglichkeit gegeben, nicht nur zu präzisieren, sondern auch das Ambivalente seiner Aussage selbst zu erkennen. Selbsteinsicht wirkt stärker als ein Appell von aussen. Rechtfertigungen holen Ihr Gegenüber nicht ab.
  • Auch Humor hilft. Eine launige Bemerkung wie „ich dachte, wir hatten die Lösung gemeinsam gefunden, war dein Avatar im Gespräch?“ entzerrt. Sie kennen Ihr Gegenüber, Sie wissen, mit welcher Wortwahl Sie ihn oder sie am besten ansprechen. Spontaner Humor nimmt den Druck aus der Situation und unterstützt Sie beide, den Blick wieder nach vorn und auf ihre Handlungsoptionen zu richten.

Fazit: Halten Sie Widersprüchliches aus. Rechtfertigen Sie sich nicht. Appelle erzielen selten Verhaltensänderungen. Im Fragen liegt der Schlüssel zum Weiterkommen. Sie sind die wichtigen Komponenten einer gelingenden Führungsbeziehung.

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16. September 2021

Jubiläum!

Im August durfte ich mit meinem Kooperationspartner RMW consult AG zehnjähriges Jubiläum am Bodensee feiern. Ich bin stolz, dass ich von Anfang an mit dabei sein konnte. Herzlichen Dank an meine grossartigen Kollegen:innen Birgit, Anja, Andrea, Lea, Jörg, Daniel, Edward, Mathias – und natürlich René.

Nicht zu vergessen unsere tollen Kunden: Es macht grossen Spass, gemeinsam «besser zu werden» und die Führungsarbeit lösungsorientiert auf ein flexibles und differenziertes Level zu heben, das allen Beteiligten zugutekommt – und so manches einfacher macht. Grossen Dank. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit in unseren Projekten!

Foto © RMW consult AG

28. Juni 2021

Stecken Sie fest? Sieben Strategien, auf dem eingeschlagenen Karriereweg weiterzukommen

Trifft diese Situation auf Sie zu? Auf der Karriereleiter in Ihrer Organisation haben Sie bereits einen achtbaren Weg zurückgelegt. Sie verzeichnen Erfolge. Gleichwohl nagt in Ihnen das Gefühl der Unzufriedenheit. Sie können und wollen mehr und haben das vage Gefühl, dort, wo Sie aktuell stehen, festzustecken.

Solche Phasen erleben Viele. Das Tröstliche ist: Berufliche Hängephasen führen in der Regel zu Perspektivwechseln und Neuausrichtungen. Voraussetzung ist, dass Sie sich als Gestalter Ihrer Situation erleben, d.h. Verantwortung übernehmen, Limitationen der aktuellen Situation akzeptieren und dort realistisch das in die Hand nehmen, worauf Sie Einfluss ausüben können. Die folgenden sieben Strategien helfen Ihnen bei Ihrer Neuausrichtung:

Inventur vornehmen: Ausgangspunkt aller Aktivitäten sollte immer eine ehrliche Bestandsaufnahme Ihrer Ressourcen und Motive sein, z.B. was können und machen Sie richtig gut? Wofür erhalten Sie regelmässig positive Rückmeldungen? Was liegt Ihnen gar nicht? Was strengt Sie immer wieder an? Und: Was genau liegt brach? Wollen Sie z.B. mehr in der Organisation bewirken? Ziehen Sie echte Befriedigung aus dem Führen von Menschen? Tauschen Sie sich dazu mit Personen Ihres Vertrauens aus. Diese können aus dem persönlich-privaten Umfeld sein, aber auch aus dem beruflichen Kontext selbst. Lassen Sie sich gezielt Rückmeldungen geben – wägen Sie die Antworten sorgfältig ab und bleiben Sie bei der Bewertung bei sich. Schaffen Sie für sich Klarheit darüber, was Ihre neue Aufgabe und Verantwortung beinhalten soll.

Organigramm analysieren: Stecken Sie Ihren angestrebten Karriereschritt auf Ihre Organisation hin bezogen ab. Wo sehen Sie sich? Auf welcher Ebene? In welcher Funktion? In welcher Verantwortung? Nehmen Sie dazu Ihr Organigramm zur Hand. Wie realistisch ist Ihr Wunsch? Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein – in Ihrer Organisation, bei Ihnen selbst? Worauf können Sie Einfluss nehmen?

Netzwerk mobilisieren: Investieren Sie in Ihr Netzwerk. Wo sind die Personen in der Organisation, die Ihren Wunsch direkt oder indirekt unterstützen könnten? Strecken Sie Ihre Fühler aus – und zwar in alle Richtungen. Wen haben Sie bisher in Ihrem Umfeld vernachlässigt? Wem sind Sie ggf. sogar aus dem Weg gegangen? Packen Sie den Stier bei den Hörner. Machen Sie einen Schritt auf genau diese Personen zu. Seien Sie dabei konsequent und bleiben Sie am Ball. Loten Sie Ihr persönliches Kräftefeld aus. Treffen Sie sich z.B. zum Lunch. Hören Sie sich um. Dabei sollen Sie nicht mit der Türe ins Haus fallen. Ziel ist, in Kontakt zu kommen, ein gutes Beziehungsnetzwerk aufzubauen – und im informativen Fluss zu sein. Machen Sie sich sichtbar.

Kommunikation ausrichten: Wem gegenüber haben Sie Ihren Veränderungswunsch deutlich adressiert? Auch hier hilft Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Waren Sie indirekt? Kennen die relevanten Hierarchiestufen tatsächlich Ihren Veränderungswunsch? Wer ist Ihnen wohl gesonnen? Wer unterstützt Ihr Anliegen? Auch diese Personen sind Teil Ihres persönlichen Kräftefeldes.

Marktwert explorieren: Schauen Sie sich ausserhalb der Organisation um. Treten Sie z.B. mit Headhuntern in Verbindung. Studieren Sie den Stellenmarkt. Sprechen Sie vor: Sie haben nichts zu verlieren. Machen Sie sich ein Bild, wie Sie auf dem Markt ankommen. Lassen Sie keine Hektik aufkommen, bleiben Sie neugierig und offen.

Fokus auf das Gute ausrichten: Stressen Sie sich nicht. Veränderungsprozesse brauchen Zeit. Die kann unter Umständen lange dauern. Richten Sie darum immer wieder den Blick auf das Gute in der aktuellen Situation sowie auf das, was in Ihren Händen liegt. Geniessen Sie Ihre Erfolge im Kleinen. Was macht Ihnen nach wie vor so richtig Spass? Woraus ziehen Sie Ihre momentane Befriedigung? Was ist nach wie vor gut dort, wo sie gerade sind? Ein dezidierter Fokus auf das Gute hilft.

Energien spielerisch nutzen: Nutzen Sie Ihre brachliegenden Energien z.B. für eine Weiterbildung. Was interessiert Sie? Was könnte Sie weiterbringen? Bleiben Sie im Fokus Ihrer Interessen und bei dem, was Ihnen jetzt Freude macht und Sie positiv herausfordert. Es geht um Sie. Nutzen Sie Ihre Zeit. Netzwerken Sie auch auf dieser Ebene. Neue Menschen bringen neue Impulse in Ihr Leben.

Last but not least: Bleiben Sie offen. Möglicherweise tut sich intern – oder extern – eine Gelegenheit auf, mit der Sie nicht gerechnet haben. Vielleicht ist diese Wegbiegung nicht die, die Sie ursprünglich im Auge hatten – und trotzdem führt sie genau zu der Aufgabe, die jetzt gute Energien und die fällige Veränderung in Ihr Leben bringt.

Foto Cornelia Knoch – stock.adobe.com